Wer kennt sie nicht: die kleinen, gelben Bücher mit dem Schriftzug „Reclam“ darauf. Zugegebenermaßen liebe ich sie, zumindest die meisten davon. Bei vielen wecken sie allerdings Erinnerungen an die Schulzeit, an den nicht immer motivierenden Deutschunterricht und die damit verbundenen Leseaufgaben. Ich hatte insofern Glück, da meine damalige Lehrerin uns Odysseus und Die Bürgschaft lesen ließ und ich schon damals ein reges Interesse an Geschichte hatte. Vielen meiner Mitschülerinnen und Mitschüler ging es allerdings nicht so und sie waren entsprechend begeistert, als es hieß, dass wir eine kurze Zusammenfassung über das Gelesene verfassen müssten.
Man glaubt es kaum, aber diese kleinen Büchlein gibt es schon seit 150 Jahren und legten womöglich für den Einen oder die Andere den Grundstein für das zukünftige Dasein als Schriftsteller/in. Durch eine Änderung des Urheberrechts wurde es im Jahre 1867 für Anton Philipp Reclam möglich, Werke kostengünstig an die Bevölkerung zu verkaufen. Die Universal-Bibliothek war somit in Leipzig geboren und das erste Heft (Goethes Faust) konnte für 2 Silbergroschen erworben werden. Die Bücher erfreuten sich großer Beliebtheit, weshalb die Reihe pro Jahr um ca. 140 Titel erweitert wird. Der Reclam Verlag wächst immer weiter und weiter.
Um mehr Kunden erreichen zu können, werden ab 1912 die Bücher in Automaten zum Verkauf angeboten. Bereits 50 Jahre nach erscheinen des ersten Titels gab es ungefähr 2.000 Automaten im öffentlichen Raum. Ab dem Jahr 1933 geriet der Verlag nach und nach unter Druck. Bücher von jüdischen oder politisch anders gesinnten Autorinnen und Autoren müssen aus dem Programm genommen werden. Nach dem Zweiten Weltkrieg wird das Unternehmen in Leipzig als „Verlag mit staatlicher Beteiligung“ unter der sowjetischen Besatzung weitergeführt. Ernst Reclam übersiedelte jedoch in den Westen, der Verlag wurde teilenteignet und in Stuttgart anschließend unter dem Reclam Verlag GmbH neu gegründet.
Nach weiteren 30 Jahren bekommt die Universal-Bibliothek ein neues Aussehen und erhält seine typische Farbe: Gelb!
In den folgenden Dekaden wird das Verlagsprogramm durch zweisprachige Bücher (Orange), den ersten elektronischen Medien (CD-ROM), Lektüreschlüssel für Schüler (blau), Sachbücher (gab es auch schon früher, allerdings nicht als eigenständige Reihe; pink), eBooks und so weiter, ergänzt.
Manche lieben sie, manche verabscheuen sie und viele, so wie ich, bekommen einfach nicht genug davon! Ein Hoch auf das gelbe Reclam Heft.
Weiterfürhrende Links:
Reclam Verlag
„Ich warf meine Reclam-Sammlung weg – die Dummheit meines Lebens“ von Andreas Rosenfelder (Welt.de, 29.04.2017)
Schiller, Friedrich: Gedichte
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