Liebe ABIs, liebe Ausbildungsbeteiligte, liebe Unterstützer*innen und Interessierte!

Wir möchten Euch auf einen frisch publizierten Beitrag über ABIs im österreichischen Archivwesen in der Zeitschrift Scrinium (76/2022) des VÖA hinweisen. Stefan Spevak, Archivar und selbst auch Fach-Vortragender an der Berufsschule für Handel und Reisen, hatte im Rahmen des 41. Österreichischen Archivtags Innsbruck im Oktober 2021 über die Ergebnisse einer von ihm konzipierten Umfrage über die Zufriedenheit in der Ausbildung und dem Arbeitsumfeld der ABIs berichtet. Besagte Umfrage wurde vergangenes Jahr von uns – abiLehre – umgesetzt und anonymisiert an den Vortragenden übermittelt. Dabei wurden Lehrlinge und/oder Absolvent*innen der ABI-Lehre befragt, deren Ausbildungsbetrieb ein Archiv war oder sie zu dem Zeitpunkt in einem Archiv tätig waren.

Nun können diese Ergebnisse in seinem Beitrag mit dem Titel „Archiv-, Bibliotheks- und Informationsassistent*innen und ihre Ausbildung in Berufsschule und Archiv“ nachgelesen werden.

Ein Exemplar dieser Scrinium-Ausgabe (EUR 25,00) kann direkt über den Verlag Anton Pustet bezogen werden.

Zusammenfassung mit Kommentar:

Als persönliches Highlight möchte ich vorab ein Foto der ursprünglichen Berufsschul-Klasse auf S. 69 erwähnen, wo sich alle bisherigen Absolvent*innen in Wien als Apfel auf den weiter wachsenden Ästen eines an die Wand gemalten Apfelbaums verewigen durften – ein eindrucksvolles Sinnbild.

Der Beitrag beginnt mit einem Blick auf nichtakademisches Archivpersonal und einer damals fehlenden fachlichen Ausbildungsmöglichkeit sowie die Entstehungsgeschichte und Umsetzung des Lehrberufs „Archiv-, Bibliotheks- und Informationsassistent/in“. Die Grundsteine der ABI-Lehre wurden im Bibliothekswesen gelegt, daher auch nicht verwunderlich, dass entsprechende Formulierungen im früheren Ausbildungsplan (Bundesgesetzblatt) wie auch früheren Lehrplan der Berufsschule mehr auf das Bibliothekswesen ausgerichtet waren.

„Trotz allem herrschte zwischen den Sparten Bibliothek und Archiv ein Ungleichgewicht an Lehrinhalten und Unterrichtsstunden vor. Dagegen ließ sich von archivarischer Seite her nur schlecht Einspruch erheben, zumal in den ersten zehn Jahrgängen von ABI-Klassen an der Wiener Berufsschule über 90% der Lehrlinge aus Bibliotheken und Büchereien kamen.“ (Spevak, 2022, S. 56)

Ziel war es daher – und ist es bestimmt nach wie vor – den ABI-Lehrlingen ein Bild und Basiswissen zu vermitteln, was ein Archiv denn überhaupt sei. Stefan Spevak bietet Einblicke in die Entwicklung unterschiedlicher ABI-Generationen und bietet eine Übersicht über diverse Anpassungen in den Lehrplänen, zuletzt 2016/17. Kommentar: Bezogen auf das Stundenkontingent leider wieder zu Ungunsten des Archivbereichs.

„Die Schulleitung der Berufsschule für Handel und Reisen versucht der Fachsparte Archiv insofern entgegenzukommen, als die historische Schriftenkunde seit Herbst 2017 in ein neunstündiges unverbindliches Freifach ausgelagert ist, wodurch der reguläre archivbezogene Unterricht eine Entlastung erfährt.“ (Spevak, 2022, S. 62)

Es folgt ein Vergleich der Ausbildungsbetriebe aus dem Jahr 2012 mit den heutigen, darunter einige Hervorhebungen sowie ein Vergleich mit facheinschlägigen Ausbildungszahlen aus Deutschland und der Schweiz.

Kapitel 4 umfasst „Die Lehrlinge und ihre Beurteilung ihrer Ausbildung“. Zu Anfangs gibt es detaillierte Statistiken über die bisher an der Berufsschule für Handel und Reisen ausgebildeten Lehrlinge seit Gründung des Lehrberufs, das heißt auch Ihr ABIs werdet Euch Großteils dort wiederfinden. Erfreulicher Weise finden auch wir Erwähnung mit abiLehre.com und unseren vielfältigen Angeboten, nicht zuletzt auch wegen der Durchführung der oben erwähnten Umfrage.

Zur Auswertung der Fragebögen:

Ausbildungsstätte: „Von den 23 feedbackgebenden Personen hatten 13 ein Archiv als Lehrbetrieb gehabt, eine weitere Person eine Dokumentationsstelle und neun andere eine Bibliothek oder Bücherei. Allerdings haben auch letztere später überwiegend in einem Archiv gearbeitet oder tun das noch heute.“ (Spevak, 2022, S. 66)

Vorbildung: „Charakteristisch für Lehrlinge des ABI-Assistent*innenberufes ist, dass nur wenige ihre Lehre unmittelbar nach dem Erreichen des Pflichtschulalters beginnen. […] Der Anteil der ABI-Lehrlinge, die zu Beginn ihrer Lehre bereits die Matura haben, liegt durchschnittlich bei etwa 20 % und damit im Vergleich zu anderen Lehrberufen sehr hoch.“ (Spevak, 2022, S. 67)

Vorbereitung im Lehrbetrieb auf zukünftige Tätigkeit in Archiven: „[…] jene, die in einem Archiv ihre Lehre absolviert haben, durchschnittlich die Schulnote 1,6, jene die in Bibliotheken beruflich sozialisiert wurden, dagegen durchschnittlich die Note 3,75. Diese hohe Diskrepanz zeigt auf, wie wichtig die Sparte des Lehrbetriebs für die zukünftige Berufstätigkeit ist. Wenn dazu die Möglichkeit besteht, sollten im Lehrbetrieb alle drei Sparten der ABI-Ausbildung in einem Mindestmaß bedient werden. Archive sind in dieser Hinsicht sehr geeignete ABI-Lehrbetriebe, zumal sie über hauseigene Bibliotheken verfügen […].“ (Spevak, 2022, S. 67)

Vorbereitung in der Berufsschule auf zukünftige Tätigkeit in Archiven: „[…] wurde lediglich die Note 2,6 vergeben. Die […] mitgelieferten Kommentaren zeugen von einer gewissen Unzufriedenheit. Letztere herrscht vor allem über die Diskrepanz vor, die sich zwischen dem Ausmaß an Unterrichts- und Praxisstunden auftut, die für bibliothekarischen Wissenserwerb zur Verfügung stehen und jenen, die der Archivkunde gewidmet sind. Das Verhältnis der Stundenanzahl von Fachpraktika in Bibliotheken oder Büchereien einerseits und Archiven andererseits liegt tatsächlich bei 144 zu 56.“ (Spevak, 2022, S. 68)

Berufliche Aufstiegsmöglichkeiten: „Als Manko wird von den befragten ABI-Absolvent*innen erkannt, dass es in ihrem Berufsfeld und ihrer Ausbildungsebene nur geringe Perspektiven gibt, in höhere Verantwortungsbereiche aufsteigen zu können. Von 23 befragten ABI-Fachkräften haben 17 ihre diesbezüglichen Aussichten als negativ beurteilt. Auch hier zeigt sich ein Problemfeld, das es zu beheben gilt.“ (Spevak, 2022, S. 68)

Das letzte Kapitel ist der neuen Form der Lehrabschlussprüfung gewidmet, wo auch dort Anpassungen – diesmal in Richtung Archivwesen – vorgenommen wurden.

„Abschließend lässt sich festhalten, dass Absolvent*innen der ABI-Lehre inzwischen in sehr vielen Archiven wichtige Funktionen bekleiden und von dort nicht mehr wegzudenken sind. […] Freilich gilt es noch, an gewissen „Schrauben“ zu drehen und diese Ausbildungsschiene weiterzuentwickeln.“ (Spevak, 2022, S. 70)

Abschließendes Kommentar: Der Verein abiLehre sowie alle Mitwirkenden und Unterstützer*innen werden auch weiterhin bemüht sein, an diesen Schrauben mit zu drehen. Denn eine unserer persönlichen Maximen lautet nach wie vor: „Nur wer die Zukunft mitgestaltet, kann diese nachhaltig verändern“. In diesem Sinne bedanken wir uns für diesen wertvollen Beitrag zur Sichtbarmachung unser aller Leistungen, einschließlich aller ABI-Lehrlinge und ABI-Absolvent*innen, auch jene des Lehrpersonals der Berufsschule wie auch in den einzelnen Praktikumsstellen.

Informationen und Wissen gehören heutzutage zu wertvollen Gütern der Menschheit(sgeschichte) und sollen/können/dürfen im Idealfall von ausgebildeten Fachkräften verwaltet werden – unabhängig der Branche, Sparte (also egal, ob Archiv, Bibliothek, Informationseinrichtung, Dokumentationsstelle, Museum, …) oder der Form des Trägermaterials (also egal ob Buch, ob Dokument, ob Foto, ob AV-Medium, ob Gegenstand, ob Datenbank, …).


Quelle:
Spevak, Stefan (2022): „Archiv-, Bibliotheks- und Informationsassistent*innen und ihre Ausbildung in Berufsschule und Archiv“, in: Scrinium 76/2022.