Privilegium maius (1358/1359):
gefälschte Urkunden verhalfen Habsburgern zum Machtaufstieg

Der römisch-deutsche Kaiser Karl IV. und Erzherzog von Österreich verkündete, dass der Kaiser fortan von sieben Kurfürsten gewählt werden solle. Unter diesen Kurfürsten gab es keinen einzigen Habsburger, damals eine kleine Adelsfamilie. Rudolf IV., Familienoberhaupt der Habsburger und Schwiegersohn von Kaiser Karl IV., reagierte auf die Tatsache, nicht zum elitären Kreis der Kurfürsten zu gehören, mit einer Urkundenfälschung. Er ließ fünf Urkunden fälschen, später eine sechste, mit Privilegien ähnlich der Kurfürsten, die er dem Kaiser zur Bestätigung übermittelte. Dieser hatte Zweifel an der Echtheit und ließ ein Gutachten erstellen mit dem Ergebnis: gefälscht. Um größere Konflikte mit seinem Schwiegersohn zu vermeiden, wurden Teile der urkundlichen Forderungen durch Karl IV. anerkannt und die Habsburger etablierten sich als eines der mächtigsten Herrschergeschlechter Europas. Etwa 100 Jahre später wurde das Privilegium maius letztlich doch von Kaiser Friedrich III., einem Habsburger, zur Gänze anerkannt (vgl. KHM-Museumsverband, o.J., ZDF, 2021).

„Rudolf IV. hatte also mit seinem fiktiven Forderungskatalog langfristig Fakten geschaffen, die bis zum Ende des Heiligen Römischen Reichs 1806 reichs­rechtliche Gültigkeit besaßen. Der Streit um die Echtheit und die Entstehungs­zeit setzte erst im 19. Jahrhundert ein, als die politische Bedeutung der Dokumente nach der Auflösung des Heiligen Römischen Reichs vollständig erloschen war.“ (KHM-Museumsverband, o.J.)

© Österreichisches Staatsarchiv (AT-OeStA/HHStA UR AUR 187) Titel: Kaiser Friedrich I. verleiht dem Herzog Heinrich von Österreich, dessen Frau Theodora und ihren Erben die zum Herzogtum erhobenen Marken Österreich unter und ob der Enns und gewährt ihnen und dem Land Österreich besondere Vorrechte hinsichtlich der landesherrlichen Gewalt und der fürstlichen Stellung im Reich (Privilegium maius). Datierung: angeblich Regensburg, 17. September 1156 (Fälschung 1358/59) Material: Pergament, Goldsiegel an roten Seidenschnüren

Exkurs: Diplomatik
Die Diplomatik (auch Urkundenlehre) gehört zu den Disziplinen der historischen Hilfswissenschaften. Hierbei werden Urkunden, als Rechtsnachweis von Sachverhalten, nach formalen und inhaltlichen Kriterien untersucht und interpretiert. Ziel ist die Ermittlung der Entstehung, Überlieferung und Echtheit einer Urkunde. Im Allgemeinen werden Urkunden in drei großen Gruppen unterschieden: Kaiser- und Königsurkunden, Papsturkunden und Privaturkunden (vgl. Enzersberger, 2009, Universität Bonn, o.J., Universität zu Köln, 2015/2020).


Quellen: