Vor etwa 20 Jahren kam es zu einem weltweiten Umdenken bezüglich des Publizierens wissenschaftlicher Beiträge. Das vermehrte Aufkommen elektronischer Publikationen (eBooks) und Zeitschriften (eJournals) sowie deren Lizensierungsgebühren, führten u.a. zu großen finanziellen Belastungen für österreichische Hochschulbibliotheken. Der Grundgedanke von Open Access, also dem frei verfügbaren Zugang zu wissenschaftlichem Wissen, sollte hier die Lösung zu dieser Problematik bilden.

In Österreich wird ein umfangreiches Projekt vom Bund finanziert, um besonders die Hochschulbibliotheken bei der Umstellung auf Open Access-Ressourcen zu unterstützen. Seither arbeiten diese stets am Ausbau der technischen Infrastruktur sowie am Auf- und Ausbau ihrer Online-Repositorien, um Wissen für alle Interessierte zur Verfügung zu stellen.

1. Grundlagen

Der Begriff Open Access und gleichzeitig der Grundgedanke dieser Initiative beschreibt den „kostenlosen und uneingeschränkten Zugang zu wissenschaftlicher Literatur für alle Interessierten“ (Kaier, 2018). Man spricht hier von einem offenen und freien Zugang zu Information und Wissen, insbesondere zum wissenschaftlichen Wissen, im Sinne von ohne Zugriffsbeschränkungen für die Nutzenden. Im Idealfall erfolgt der Zugriff ohne Registrierung/Anmeldung und ohne Erwerbungs- oder Lizenzkosten für die Bibliotheken. Open Access liegt zugrunde, dass durch die Öffentlichkeit finanziertes Wissen auch der Öffentlichkeit zur Verfügung stehen sollte (Böttger, 2011, S.291).

Kriterien für Open Access-Publikationen wurden 2003 in der Berliner Erklärung definiert:

„Die Urheber […] gewähren allen Nutzern unwiderruflich das freie, weltweite Zugangsrecht zu diesen Veröffentlichungen und erlauben ihnen, diese Veröffentlichungen […] zu kopieren, zu nutzen, zu verbreiten, zu übertragen und öffentlich wiederzugeben […], sofern die Urheberschaft korrekt angegeben wird. […] Eine vollständige Fassung der Veröffentlichung […] wird in einem geeigneten elektronischen Standardformat in mindestens einem Online-Archiv hinterlegt, […] [das] den offenen Zugang, die uneingeschränkte Verbreitung, die Interoperabilität und die langfristige Archivierung [ermöglicht].“  (Gantert, 2016, S.126f; Max-Planck-Gesellschaft, 2003, S.2)

Die zwei gebräuchlichsten Wege open-access zu publizieren sind zum einen der sogenannte „Goldene Weg“ und zum anderen der „Grüne Weg“.

  • Der Goldene Weg beschreibt die sofortige Veröffentlichung in einem Open Access-Medium, insbesondere frei verfügbaren Zeitschriften mit Peer-Review-Verfahren („Was bedeutet Open Access?“, o.J.).
  • Der Grüne Weg setzt sich zusammen aus mehreren Parallelveröffentlichungen oder gleichzeitigen Veröffentlichungen auf beispielsweise mehreren Plattformen und der eigenen Website, aber auch zeitversetzte Open Access-Angebote seitens der Verlage, z.B. nach drei Monaten („Was bedeutet Open Access?“, o.J.).

Der Begriff Peer-Review im Zusammenhang mit Open Access-Veröffentlichungen bedeutet eine Überprüfung der Qualität der Publikation durch andere Wissenschaftler*innen, zum Teil sogar ohne Kenntnis über die Autorenschaft des zu beurteilenden Textes (Böttger, 2011, S.291).

1.1. Hintergründe und Vor- und Nachteile

Bislang publizierten wissenschaftlich Forschende in Büchern und vor allem in Zeitschriften, die von Verlagen herausgegeben wurden und anschließend meist in Bibliotheken verfügbar waren. Publikationsgebühren im Bereich Printmedien waren und sind sehr kostenintensiv für die Autor*innen, Herausgeber*innen sowie die Verlage.

Angetrieben wird der Open Access-Gedanke vor allem durch die Eigeninitiative der Literaturschaffenden sowie Anforderungen der Forschungsförderung. Heutzutage können wissenschaftliche Ergebnisse, welche bereits in elektronischer Form vorliegen, weltweit über das Internet verfügbar gemacht werden. Das kann bedeuten, dass das wissenschaftliche Publizieren gegebenenfalls auch ohne Verlage stattfindet. Wissenschaftliche Institutionen und deren Bibliotheken haben so auch die Möglichkeit, Dokumente über eigene Online-Repositorien bzw. Publikationsserver anzubieten (Böttger, 2011, S.292). Dadurch wird internationale und interdisziplinäre Kooperation zwischen Wissenschaftler*innen gefördert und die Produktions- und Distributionskosten gesenkt. 

Open Access hat Vorteile bezüglich der Sichtbarkeit der Forschenden und ihrer Ergebnisse. Die Dokumente sind leichter durch Suchmaschinen zu finden und sind auf Dauer verfügbar, was die allgemeine Informationsversorgung der Bevölkerung fördert. Die Verwertungsrechte liegen bei den Autor*innen, welche den Umfang über die Verbreitung ihrer Texte selbst entscheiden können („Was bedeutet Open Access?“, o.J.). Das Recht auf Verbreitung hatten sich teilweise nur die Verlage einbehalten.

Kritische Stimmen haben Vorbehalte gegenüber Open Access. Sie zweifeln an der Qualitätssicherung der veröffentlichten Texte, aufgrund einer potenziell weniger genauen Kontrolle und Überprüfung der enthaltenen Informationen durch die Peer-Community, vor allem bei Preprints. Es handelt sich hierbei um Vordrucke der wissenschaftlichen Beiträge, die noch keine Begutachtung durlaufen haben und im Internet veröffentlicht werden („Gründe und Vorbehalte“, o.J.).

Auch die Transparenz bezüglich der Realkosten wird immer wieder bemängelt, da Repositorien und Publikationsserver gewartet werden müssen sowie die Arbeit der Wissenschaftler*innen finanziert werden sollte. Autor*innen ohne feste Anbindung an eine wissenschaftliche Einrichtung können hier benachteiligt sein, da sie eventuell keine finanzielle Subventionierung für ihre Arbeit erhalten („Gründe und Vorbehalte“, o.J.).  

1.2. Open Access-Entwicklungen in Österreich

Die Universität Graz hat 2013 als erste österreichische Universität eine Open Access Policy beschlossen (Kaier, 2018). Als eine der unterzeichnenden Parteien der Berliner Erklärung, ist dort u.a. verschriftlicht, dass die Universität Graz Wissenschaftler*innen am eigenen Haus auffordert, Forschungsergebnisse auf dem internen Publikationsserver zu veröffentlichen bzw. auch bereits veröffentlichte Publikationen nach Möglichkeit zu digitalisieren und so ebenfalls zur Verfügung zu stellen. Diese besondere Publikationstätigkeit würde ebenfalls gesondert in der Wissensbilanz der Universität Graz aufscheinen (Open Access Policy, o.J.).

Seit dem Jahr 2015 werden Open Access-Publikationsprojekte vermehrt auch vom Fonds zur Förderung der wissenschaftlichen Forschung (FWF) gefördert (Reckling, 2014).

2016 wurde ein umfangreiches Projekt des damaligen Bundesministeriums für Wissenschaft, Forschung und Wirtschaft zur Förderung von Open Access und der Kooperation von Hochschulen in Österreich bewilligt. Das Projekt mit dem Titel Austrian Transition to Open Access wird bis voraussichtlich Dezember 2020 gefördert und beschäftigt sich in seinen Teilprojekten mit u.a. einer Analyse über die Auswirkungen von Open Access auf Universitätsbibliotheken, der Finanzierungsplanung von Übergangsmodellen, dem Ausbau der technischen Infrastruktur und dem Ausbau eines Open Access-Publikationsfonds (Bauer et al., 2019, S.7).

2. Ausbau bibliothekarischer Angebote

2.1. Bibliotheksbestand

Der Bestandsausbau von bibliothekarischen Open Access-Angeboten kann in drei Bereiche gegliedert werden:

  1. Hauseigene Publikationen: Publikationen von Universitäten, die früher gedruckt erschienen sind, werden heutzutage online beispielsweise auf einem öffentlich zugänglichen Dokumentenserver meist der hauseigenen Bibliothek publiziert.
  2. Aktuelle Forschungsliteratur: Wissenschaftler*innen nutzen heutzutage die technische Infrastruktur von Bibliotheken, um ihre Arbeiten im Internet zu veröffentlichen. Aktuelle Forschungsliteratur wird vor allem auf Online-Repositorien von Universitäts- und Spezialbibliotheken bereitgestellt. Angeboten werden hier Hochschulschriften sowie Pre-Prints und Forschungsberichte von Studierenden und Angestellten der jeweiligen Universitäten und Forschungseinrichtungen.
  3. Urheberrechtsfreie Literatur: Viele Bibliotheken stellen Sammlungen von retrodigitalisierten Drucken aus dem eigenen Bestand im Internet zur Verfügung. Diese älteren, urheberrechtsfreien Werke werden durch die Bibliotheken digitalisiert, um sie auf diese Weise besser zugänglich zu machen und die konservatorische Bestandserhaltung zu fördern. Oft werden hier thematische Sammelschwerpunkte der Bestände abgebildet. (Böttger, 2011, S.292; Gantert, 2016, S.113)

2.2. Technische Infrastruktur

Der Ausbau der technischen Infrastruktur ist entscheidend für die erfolgreiche Zurverfügungstellung von Open Access-Medien. Das Ziel ist ebenfalls die Langzeitverfügbarkeit der Dokumente zu gewährleisten, was mit Hilfe der Konversion in Langzeit-Dateiformate, wie z.B. PDF-A, geschieht.

Hausinterne sowie bibliotheksübergreifende Publikationsserver wurden implementiert, Schnittstellen zu anderen Online-Repositorien geschaffen. Ein bekanntes Beispiel hierfür ist der seit 2008 bestehende Publikationsserver PHAIRDA (Permanent Hosting, Archiving and Indexing of Digital Resources and Assets) der Universität Wien („Das PHAIDRA Netzwerk“, o.J.). Auf diesem besonderen Langzeitarchivierungs-Server können sich auch weitere Universitäten einmieten.

Auch die schrittweise Umstellung auf die neue Bibliothekssoftware ALMA (in Österreich seit 2016) führte zu Verbesserungen im Bereich der Verwaltung, Speicherung und Langzeitarchivierung von vor allem elektronischen Ressourcen („Projektplan für den Umstieg…“, 2016). 

3. Fazit

„Bibliotheken sind wichtige Akteure, wenn es um das Thema Open Access geht.“ („Bibliotheken“, o.J.)

Bibliotheken sind Expert*innen in Bezug auf Wissensmanagement und -vermittlung. Sie übernehmen als Schnittstelle zwischen den Verlagen, Autor*innen und Endnutzer*innen einen Großteil der praktischen Umsetzung von Open Access-Angeboten.

Das Veröffentlichen wissenschaftlicher Ergebnisse ist essenziell für eine fundierte Forschungsbasis und wird auch zukünftig eine wertvolle Rolle spielen. Bibliotheken müssen daher in der Lage sein, dieses Wissen langfristig zu sichern.

Open Access führte zum Aufbau von technischen Infrastrukturen sowie dem Ausbau des literarischen Angebots von österreichischen Hochschulbibliotheken. Der Gedanke wissenschaftliches Wissen frei zur Verfügung zu stellen wird u.a. stark vom Bund gefördert. Die Informationsversorgung der Bevölkerung wird dadurch um ein Vielfaches gesteigert und fördert im Allgemeinen die Kooperation zwischen den Wissenschaftler*innen sowie den Hochschulbibliotheken. Viele Schritte wurden bereits geplant und umgesetzt, um österreichische Institutionen in ein neues Open Access-Zeitalter zu führen, aber der Weg zu einem vollkommen freien Zugang zu Wissen und Forschungsergebnissen für „alle“ ist noch weit.

Online-Repositorien und Publikationsserver lassen sich mittlerweile an vielen wissenschaftlichen Einrichtung finden, wobei sich die Suche nach benötigten Materialien für die Endnutzerinnen und Endnutzer wiederum als unübersichtlich und herausfordernd gestalten kann. Open Access-Angebote sind oftmals institutionell vorhanden und inhaltlich breit gestreut. Eine gemeinsame, zentrale Open Access-Plattform in Österreich (auch gemeinsam mit Deutschland und der Schweiz) mit nur einem Suchmodus, könnte auf Dauer sinnvoll erscheinen.

Literatur

Bauer, B., Ferus, A., Hölbling, L., Zarka, T. (2019). Austrian Transition to Open Access. In Mitteilungen der Vereinigung Österreichischer Bibliothekarinnen und Bibliothekare. Bd. 72 (Nr. 1) [Printausgabe]. Graz

Bibliotheken (o.J.). open-access.net [Website-Beitrag]. Abgerufen von https://open-access.net/informationen-fuer-verschiedene-zielgruppen/bibliotheken

Böttger, K.-P. (2011). Basiskenntnis Bibliothek. Eine Fachkunde für Fachangestellte für Medien- und Informationsdienste – Fachrichtung Bibliothek (5., neubearb. u. erw. Aufl.). [Bad Honnef]: Bock und Herchen

Das PHAIDRA Netzwerk (o.J.). Universität Wien [Website-Beitrag]. Abgerufen von https://datamanagement.univie.ac.at/ueber-phaidra-services/das-phaidra-netzwerk/

Gantert, K. (2016). Bibliothekarisches Grundwissen (9., völlig neu bearb. u. erw. Aufl.). Berlin: De Gruyter

Gründe und Vorbehalte (o.J.). open-access.net [Website-Beitrag]. Abgerufen von https://open-access.net/informationen-zu-open-access/gruende-und-vorbehalte

Max-Planck-Gesellschaft zur Förderung der Wissenschaften e.V. (2003). Berliner Erklärung über den offenen Zugang zu wissenschaftlichem Wissen [Online-Ressource]. Abgerufen von https://openaccess.mpg.de/68053/Berliner_Erklaerung_dt_Version_07-2006.pdf

Open Access Policy (o.J.). Karl-Franzens-Universität Graz [Website-Beitrag]. Abgerufen von https://ub.uni-graz.at/de/dienstleistungen/open-access/open-access-policy/

Projektplan für den Umstieg auf neues Bibliothekssystem ALMA (2016). OBVSG – Österreichische Bibliothekenverbund und Service GmbH [Website-Beitrag]. Abgerufen von https://www.obvsg.at/wir-ueber-uns/aktuelles/news/projektplan-fuer-den-umstieg-auf-neues-bibliothekssystem-alma/?tx_news_pi1%5Bcontroller%5D=News&tx_news_pi1%5Baction%5D=detail&cHash=2b4ea9bd749de9557b79f635433bf50f

Reckling, F. (2014). Open Access und Publikationskosten [Website-Beitrag]. Abgerufen von https://www.fwf.ac.at/de/news-presse/news/nachricht/nid/20141219-2097/

Kaier, Ch. (2018). Coffee Lectures „Open Access an der Uni Graz” [Online-Video]. Universität Graz. Abgerufen von https://www.youtube.com/watch?v=8HWfp9E0Sk8

Was bedeutet Open Access? (o.J.) Akademie der bildenden Künste [Website-Beitrag]. Abgerufen von https://www.akbild.ac.at/Portal/forschung/open-access/open-access-verstehen

Abbildungen

Beitragsbild: Bild von Gerd Altmann auf Pixabay