Die Erschließung von Beständen gehört – neben der Bestandserwerbung, -verwahrung und -vermittlung – zu den Grundaufgaben einer Bibliothek. Sie ist die Voraussetzung für das Wiederfinden und Benutzen dieser Bestände. Der Bestandskatalog bildet grundsätzlich ein systematisches Verzeichnis der vorhandenen Medien einer Bibliothek ab und dient gleichzeitig der Kontrolle und Revision; er ist somit das wichtigste Arbeitsinstrument.
Bei der formalen Erschließung, auch Formalkatalogisierung genannt, werden einzelne Medien anhand formaler Regeln erfasst, d.h. die beschriebenen Metadaten lassen sich anhand des vorliegenden Mediums selbst belegen. Beispiele für solche Metadaten sind u.a. Verantwortlichkeitsangabe, Titel, Erscheinungsvermerke (z.B. Jahr, Verlag, Erscheinungsort) und Kollationsvermerke (z.B. Seitenumfang, grafische Darstellungen).
Das theoretische Modell ISBD
Das theoretische Katalogisierungsmodell ISBD (International Standard Bibliographic Description) bildet die Basis für die Erschließungsarbeit. Diese standardisierten Regeln wurden von der IFLA (International Federation of Library Associations and Institutions) entwickelt und dienen der Beschreibung bibliografischer Daten im Kontext eines Bibliothekskataloges. Sie legen 1. die Reihenfolge, 2. die zu beschreibenden Metadaten in Vorlageform und 3. die genauen Trennzeichen innerhalb der Titelaufnahme fest. Dadurch wird gewährleistet, dass bibliografische Informationen international ausgetauscht werden können bzw. von geschulten Augen gelesen und verstanden werden können.
Das bedeutet in der Theorie kann eine Bibliothekar*in aus einem Katalogisat herauslesen, wo sich z.B. Titel, die Verfasserangabe und Erscheinungsvermerke befinden, selbst wenn die Angaben in fremden Schriftzeichen wie etwa Chinesisch oder Kyrillisch sind.
Anbei ein Beispiel, wie folgendes Hörbuch als ISBD in einer Tabelle dargestellt werden kann:
[Dieses Beispiel wurde anhand eines Datensatzes händisch erstellt. Für etwaige Korrekturen mich bitte kontaktieren.]
In diesem Beispiel sind anhand des ISBD-Modells, unterschiedliche Bereiche für Metadaten definiert und eben ihre Reihenfolge, z.B. Sachtitel- und Verfasserangabe, dann der Erscheinungsvermerk und zum Schluss die ISBN. Im Bereich 1 mit der Sachtitel- und Verfasserangabe sind vorgegebene Trennzeichen zu erkennen. Zwischen jeder eigenständigen Information wird ‚Abstand;Abstand‘ angegeben: Terry Pratchett, Stehen Baxter ; gelesen von Jens Wawrczeck ; aus dem Englischen von Gerald Jung ; Regie: Roman Neumann.
Die Reihenfolge der Metadaten anhand der ISBD und die genauen Trennzeichen einzelner Datenbereiche sind in der Darstellung einer Katalogkarte deutlicher zu sehen:
Gesprochenes Wort : audio
Die lange Erde / Terry Pratchett, Stephen Baxter ; gelesen von Jens Wawrczeck ; aus dem Englischen von Gerald Jung ; Regie: Roman Neumann. – München : Der Hörverlag, 2013.
2 MP3-CDs (circa 769 min) ; 12 cm
Vollständige Lesung. – Bearbeitung von: Druck-Ausgabe Die lange Erde / Terry Pratchett. – München : Goldmann, 2014. – ISBN 978-3-8445-1183-3
[Dieses Beispiel wurde anhand eines Datensatzes händisch erstellt. Für etwaige Korrekturen mich bitte kontaktieren.]
Offizielle Beispiele findet ihr hier in einem Dokument der IFLA: https://www.ifla.org/files/assets/cataloguing/isbd/isbd-examples_2013.pdf
Das Regelwerk RDA
Die genauen Katalogisierungsregeln werden in umfangreichen Regelwerken definiert und dienen einer einheitlichen Eingabe der Metadaten. RDA (Resource Description and Access) ist ein internationales Regelwerk, welches auch neue Arten von Medien (z.B. elektronische Publikationen) und Informationstechnologien (z.B. Verlinkungen) berücksichtigt. Dieses Regelwerk findet nicht nur Verwendung in Bibliotheken, sondern wird auch von anderen Informationsdienstleistern (z.B. Museen, Archive) genutzt.
Hier seht ihr unser Hörbuch-Beispiel als Alma-Datensatz im Datenformat MARC 21:
Wie ihr sehen könnt, wurde Terry Pratchett als Hauptverantwortlicher in der Ansetzungsform im Feld 100a angelegt mit: Pratchett, Terry. Personennamen werden in dieser Form (Nachname, Vorname) gemäß RDA-Regeln angesetzt und nicht „Terry Pratchett“ wie es auf der Hörbuch-CD steht. Die Angaben zur Verantwortlichkeitsangabe in der Vorlageform stehen im Feld 245c.
Das Datenformat MARC 21
Das Datenformat MARC 21 (Machine-Readable Cataloging for the 21st century) strukturiert die einzugebenden Daten in einzelne Felder und Subfelder. So wird eine Datenmigration (z.B. von einer veralteten Bibliothekssoftware zu einer aktuelleren) bzw. einen Datenaustausch (z.B. für Online-Kataloge von Bibliotheksverbünden) vereinfacht.
In weiterer Folge kann eine Suche im Bibliothekskatalog gezielt innerhalb dieser Kategorien erfolgen. Beispiel: Gesucht werden Bücher von Terry Pratchett, daher kann man gezielt innerhalb des Feldes zu Personen/Autor*innen suchen und im Idealfall zusätzlich nach der Erscheinungsform filtern.
Für unterschiedliche Arten von Datensätzen (z.B. Personen oder Werke) gibt es unterschiedliche Vorlagen im MARC-Format. In unserem Hörbuch-Beispiel, wird eine Vorlage für einen Werk (MARC Bibliographic) dargestellt. Die Angabe zum Hauptverantwortlichen des Originaltextes steht im Feld 100a. Es sind aber noch weitere Beteiligte (z.B. Übersetzer, Sprecher, Regisseur) angegeben. Die anderen Beteiligten werden in einzelnen Feldern mit der Nummer 700a aufgelistet. Die Kategorie 700 entspricht Feldern für Nebeneintragungen und Verknüpfungen.
Da die einzugebenden bibliografischen Daten für unterschiedliche Medien sehr umfangreich sein können, hat man sich z.B. bei dem Datenformat MARC 21 – zum Großteil bereits bei Vorgängern dieses Datenformats – darauf geeinigt, dass grobe Kategorien in Hunderterschritten unterteilt sind, mit weiteren Subfeldern und Sub-Subfeldern. Damit kann ein Datensatz soweit „ausgedehnt“ werden, wie es eben für eine vollständige Erfassung notwendig ist.
Eine umfangreiche Anleitung dafür, welche Metadaten (nach ISBD) wie (RDA-Regeln) in welches Feld (MARC 21) im jeweiligen Verbund-Bibliothekssystem (speziell für ALEPH und ALMA) einzutragen sind, kann im frei verfügbaren Katalogisierungshandbuch der OBVSG (Österreichische Bibliothekenverbund und Service GmbH) abgerufen werden: https://wiki.obvsg.at/Katalogisierungshandbuch/WebHome
Fazit
Ein theoretisches Modell legt grundsätzlich fest, welche bibliografischen Daten für die formale Erschließung eines Werks benötigt werden und wie diese anzuordnen sind. Es bildet die Basis für ein Grundverständnis bibliografischer Werkinformationen. Das Datenformat gibt eine Struktur einzelner Datenfelder vor und das Regelwerk bestimmt, wie die Metadaten in den einzelnen Feldern zu erfassen sind.
Das theoretische Modell bildet die Basis für Regelwerke, welche wiederum die Basis bilden für elektronische Datenformate. ISBD und RDA stehen in einer gewissen Beziehung zueinander sowie RDA und MARC 21. Letztere dienen vor allem dem internationalen, elektronischen Datenaustausch.
Kommentar: Besten Dank an V. für die Erlaubnis, diese Inhalte posten zu dürfen. Grundlegende Informationen dieses Beitrags basieren auf einem bereitgestellten Skriptum.
24. Februar 2021 um 15:56 Uhr
Anbei ein Hinweis aus der Community: Das theoretische Modell für RDA waren die FRBR, jetzt LRM. Die ISBD war Grundlage für die RAK. Mit dem Umstieg auf RDA, ist die ISBD obsolet.