Anbei findet ihr meine Tipps für leichteres Lesen und Transkribieren von Kurrentschrift:

Tipp Nr. 1: Buchstaben kennen

Viele Buchstaben sind sich ähnlich. Oft hilft es, den richtigen Buchstaben nach dem Ausschlussverfahren zu filtern.

c oder iB oder C oder Lzu merken:
e oder m oder n oder uI oder J oder Td, D, H
f oder h oder l oder langes-sK oder P oder Rch, ck
g oder pM oder N oder Sth
V oder W oder Ysch, ß, st
Das Alphabet in Deutscher Kurrentschrift. Frei bearbeitet nach gemeinfreier Quelle: https://commons.wikimedia.org/wiki/File:Deutsche_Kurrentschrift.svg

Tipp Nr. 2: Rechtschreibung kennen

Es ist generell nützlich, die deutsche Rechtschreibung zu beherrschen. Es wird manchmal vergessen, dass der vorliegende Text in der Regel auf Deutsch ist und nur zu transkribieren wäre. Die Sprache ändert sich dadurch nicht.

Zusätzlich ist es von Vorteil, sich mit dem Sprachgebrauch und alten Schreibweisen ein wenig vertraut zu machen. Hier ein paar Beispiele:

eine gute That (heute: Tat)
der Director der Schule (heute: Direktor)
der ergebenst Gefertigte/der Endesgefertigte (= der Absender/Verfasser)
an das hochlöbliche Ministerium (bei Briefen an eine amtliche Stelle wie ein Ministerium)

Tipp Nr. 3: s-Regeln kennen

Es ist hilfreich, die sogenannten s-Regeln zu kennen und zwar, wann ein rundes oder ein langes S geschrieben wurde. Ihr findet auf der Website von Ursula Münter eine sehr gute Erklärung dazu mit Beispielen:

Tipp Nr. 4: Buchstaben überspringen

Wenn ihr bei einem einzelnen Buchstaben nicht weiter wisst (oft am Wortanfang), dann überspringt ihn oder fangt von hinten an, das Wort zu lesen. Oft ergibt sich das ganze Wort aus den restlichen Buchstaben.

Tipp Nr. 5: Von weiter weg lesen

Manchmal ist es hilfreich, Dinge aus der Ferne zu betrachten.

Wenn Handschriften eher geschwungen verlaufen oder zackig oder einem sehr klein geschrieben vorkommen, dann neigt man als Leserin oder Leser gerne dazu, mit den Augen ganz nah an den Text heranzukommen. Allerdings kann es dann passieren, dass man die Wörter vor lauter Buchstaben nicht lesen kann. Probiert daher auch einen Blick von weiter weg, da sich ein schwer lesbares Wort aus dem Kontext ergeben kann.

Tipp Nr. 6: Inhalt identifizieren und merken

Das gute alte sinnerfassende Lesen möge auch hier nicht vernachlässigt werden. Versucht rasch zu überblicken, welche Art von Dokument vor euch liegt und worum es darin geht. Merkt euch den Inhalt, da dieser sich im Normalfall immer wieder wiederholt.

Tipp Nr. 7: Üben, üben, üben

Besonders diejenigen unter euch, die im Arbeitsalltag nichts mit Kurrent am Hut haben, kann ich nur raten: üben, üben, üben. Übungsbeispiele unserer Kategorien leicht, mittel und schwer findet ihr auf eduLehre.com hier:

Bonus:

Viele Archive, Bibliotheken und Museen haben zahlreiche Bestände, die in Kurrent oder auch Sütterlin geschrieben oder gedruckt sind, bereits online verfügbar. Man muss nur danach Ausschau halten. Fragt gegebenenfalls auch eure Kolleginnen und Kollegen in der Berufsschulklasse, ob sie euch Material aus der Arbeit bereitstellen können.

Hier ein Beispiel aus der ÖNB:

Reil, F. (1835). Die Herrschaft Persenbeug : in ortschaftlicher, alterthümlicher und malerischer Hinsicht http://data.onb.ac.at/dtl/7144723